Wald

Jünger, vielfältiger, mehr Laubbäume: Der Wald in Nordrhein-Westfalen verändert sich

Praxisnahe Vorstellung der Bundeswaldinventur im Wald bei Arnsberg

Das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz teilt mit:

Was mit dem bloßen Auge bereits erkennbar war, ist nun mit Zahlen belegbar. Die Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur zeigen, wie Stürme, Dürre und Borkenkäfer als Folgen des Klimawandels den Wald in Nordrhein-Westfalen in den letzten zehn Jahren verändert haben. Dazu haben am Donnerstag, 24. Oktober, Forstfachleute des Landesbetriebs Wald und Holz Nordrhein-Westfalen im Beisein von Ministerin Silke Gorißen im sauerländischen Wald bei Arnsberg die Ergebnisse der aktuellen Waldinventur für Nordrhein-Westfalen im Detail erläutert.

Forstministerin Silke Gorißen: „Der Wald erfüllt wichtige Funktionen für die Natur, für die Holzwirtschaft und auch für die Gesellschaft. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse sind daher wichtiger denn je, um unseren Wald in Zeiten des Klimawandels mit all seinen Facetten und Strukturen beurteilen zu können. Unsere Forstleute sammeln mit großer Expertise wichtige Daten über den Wald. Durch den Vergleich mit Ergebnissen früherer Inventuren lassen sich Rückschlüsse ableiten, auf deren Basis wir Entscheidungen für die künftige Waldentwicklung treffen können. Der Aufbau klimaanpassungsfähiger Wälder ist eine Generationenaufgabe, die wir gemeinsam bewältigen werden.“

Weniger Fichtenholzvorrat – mehr Laubwald
Vielerorts sind klassische Baumarten wie die Fichte stark reduziert oder sogar verschwunden. Dadurch hat der Holzvorrat im Vergleich zur letzten Inventur um rund 15 Prozent abgenommen – er ist aber immer noch größer als bei der ersten Waldinventur vor rund 40 Jahren. Doch auch wenn der Holzvorrat abgenommen hat, wächst der Wald immer noch. Wo die Fichte ausgefallen ist, entstehen in Nordrhein-Westfalen neue Wälder, die deutlich jünger und vielfältiger sind. So ist der Anteil der Laubholzbäume durch den Abgang der Fichte und den Umbau der Wälder zu Mischwäldern auf 65 Prozent gestiegen. Bei der ersten Inventur vor fast 40 Jahren, betrug der Laubwaldanteil noch weniger als die Hälfte.

Durch das weitere Wachstum des Waldes wird auch weiterhin kontinuierlich CO2 aus der Atmosphäre entnommen und im Holz gebunden. Die Mischung verschiedener Baumarten ist daher ein wesentlicher Aspekt, um die Wälder weiter an den fortschreitenden Klimawandel anzupassen. Denn Mischwälder gelten als resilienter – das Risiko eines Totalausfalls wird reduziert.

Nordrhein-Westfalens Wälder werden vielfältiger
Was ist mit dem geernteten Fichtenholz passiert? Es wurde überwiegend als Bau- und Konstruktionsholz oder in der Spanplattenindustrie genutzt. Nur ein geringer Teil der Fichten wurde als Energieträger verwendet und hat dabei Öl und Gas ersetzt. Durch den Wegfall vieler Fichtenwälder ist der Wald im Durchschnitt auch jünger geworden. Es gibt deutlich mehr Bestände im Alter unter 20 Jahren, als dies bei der letzten Inventur der Fall war. Alexander Weller, Leiter Team Waldplanung, Wald und Holz NRW: „Wo die Fichte weggefallen ist, wächst nun neuer Wald. Hier bieten sich neue Chancen für klimaangepasste Wälder. Wir können gezielt Einfluss nehmen und die Wälder so gestalten, dass sie mit den Folgen des Klimawandels besser zurechtkommen.“

Zuwachs bei Wäldern über 140 Jahren – gut für den Artenschutz
Trotz der beobachteten Verjüngung weist die Bundeswaldinventur auch eine deutliche Zunahme um 9163 Hektar bei den Wäldern über 140 Jahren auf. Lutz Jaschke, Sachgebietsleiter Großrauminventuren, Wald und Holz NRW: „Diese Entwicklung ist erfreulich für den Artenschutz, denn alte Wälder bieten Lebensräume für viele seltene Tier- und Pflanzenarten.“ Auch weitere Parameter weisen darauf hin, dass Wälder in Nordrhein-Westfalen naturnäher werden. So ist die Totholzmenge deutlich auf durchschnittlich 33 m³/Hektar gestiegen.

Nachhaltige Waldbewirtschaftung ist wichtig für den Klimaschutz
Der Wald und seine nachhaltige Bewirtschaftung sind auch in Zukunft wichtige Bausteine bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels. Denn die Klimaschutzleistung des Waldes beschränkt sich nicht nur auf den Waldspeicher, also die Fähigkeit der Bäume Kohlenstoff zu binden. Der Wald leistet viel mehr. Denn die Nutzung des Holzes in langlebigen Produkten ermöglicht den Aufbau eines zweiten Kohlenstoffspeichers außerhalb des Waldes – den Holzproduktspeicher. Gleichzeitig werden durch die Holznutzung, zum Beispiel beim Gebäudebau, CO2-Emissionen statt der Verwendung fossiler Rohstoffe eingespart (Substitutionsleistung). Denn solange der Wald wächst, speichert er kontinuierlich Kohlenstoff. Zudem liefert er den nachwachsenden Rohstoff Holz. Die Gesamtleistung des Waldes inklusive der Holznutzung als Klimaschützer ist entscheidend. Deshalb wird gemeinsam mit dem Waldbesitz auf eine nachhaltige, zukunftsfähige Forstwirtschaft und den Umbau des Waldes hin zu klimaanpassungsfähigen, stabilen Mischwäldern gesetzt.

Methodik der Bundeswaldinventur
Die bundesweite Großrauminventur erfolgt nach einheitlichen Aufnahmeverfahren in einem Stichprobenraster. In einem Turnus von zehn Jahren vermessen Inventurtrupps an permanenten Probepunkten Bäume im Wald und erheben viele weitere Merkmale. Deutschlandweit gibt es rund 80.000 Stichprobenpunkte, an denen rund 520.000 Probebäume vermessen und weitere Untersuchungen zum Wald durchgeführt werden. Die Forstfachleute des Landesbetriebs Wald und Holz NRW haben die Aufnahme für Nordrhein-Westfalen durchgeführt und rund 10.000 Stichprobepunkten im Land koordiniert und begleitet. Die erste Bundeswaldinventur fand 1987 statt. Aus den umfangreichen Daten berechnet das Thünen-Institut im Auftrag des BMEL statistische Angaben über die Waldfläche, die Baumarten-Vielfalt, den Altersaufbau der Wälder, Holzvorrat und Holznutzung.

Die Ministerin misst einen Baum aus.
Foto: MLV NRW
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