Tierschutz & Tiergesundheit

Antibiotikaresistenzen: Richtig mit dem wichtigen Medikament umgehen

Gesundheits-, Umwelt- und Landwirtschaftsministerium informieren zum sachgemäßen Umgang mit Antibiotika

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr teilen mit:

Anlässlich des europäischen Antibiotikatags am 18. November 2022 in-formieren das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium, das Umweltministerium sowie das Landwirtschaftsministerium über den richtigen Umgang mit Antibiotika. Denn Antibiotika sind ein wesentliches Mittel zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionen bei Mensch und Tier. Doch durch einen unsachgemäßen und übermäßigen Gebrauch nehmen resistente Bakterien zu. Dadurch verlieren Antibiotika nach und nach ihre Wirkung, sodass sie bei bestimmten Erkrankungen nicht mehr helfen können.

„Während in den letzten Jahren vor dem Hintergrund der Coronapandemie in Nordrhein-Westfalen weniger Antibiotika verschrieben wurden, steigen die Verschreibungen jetzt wieder drastisch. Antibiotika sind unser stärkstes Mittel gegen bakterielle Infektionskrankheiten, aber eben auch nur gegen diese: Gegen Viren, die mehr als 90 Prozent der Erkältungen auslösen, sind sie machtlos”, erklärt Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. „Damit uns dieses zentrale Mittel erhalten bleibt, ist es wichtig, dass die behandelnden Ärztinnen und Ärzte, aber auch wir alle umsichtig mit diesem Medikament umgehen. Dabei gilt: Antibiotika müssen genau nach Verschreibung eingenommen werden.”

Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Silke Gorißen: „Bei landwirtschaftlichen Nutztieren konnte die Anwendung von Antibiotika in den letzten Jahren deutlich reduziert werden. Hier wird auf eine gezielte tierärztliche Diagnose und da, wo möglich, auf präventive Impfungen gesetzt. Natürlich gibt es noch Infektionskrankheiten bei Tieren, die nur mit Hilfe eines wirksamen Antibiotikums geheilt werden können. Die entsprechende Behandlung kranker Tiere muss daher unter Beachtung der Rechtsvorgaben weiterhin möglich sein. Für die gezielte Anwendung von Antibiotika bei Nutztieren gelten strenge tierarzneimittelrechtliche Vorgaben. So wird sichergestellt, dass die Entwicklung resistenter Keime als Gefahr für die menschliche Gesundheit maximal reduziert wird.”

Umweltminister Oliver Krischer ergänzt: “Antibiotika und antibiotikaresistente Bakterien gelangen über Mensch und Tier auch in unsere Umwelt. Um das Problem anzugehen, brauchen wir den One-Health-Ansatz, der die unterschiedlichen Perspektiven Mensch, Tier und Umwelt gemeinsam betrachtet. Was zum Beispiel gar nicht erst in den Flüssen, Bächen oder Seen landet, müssen wir auch nicht mit aufwändigen Mechanismen wieder herausfiltern.”

One-Health – eine Gesundheit: Antibiotika bei Mensch, Tier und in der Umwelt. Wie alles zusammenhängt
Da Antibiotika sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin eingesetzt werden, besteht die Möglichkeit, dass resistente Bakterien zwischen Mensch und Tier übertragen werden. Diese Übertragung könnte durch Kontakt zwischen Mensch und Tier oder über den Konsum von Lebensmitteln stattfinden.

In der Tierhaltung und der Lebensmittel-Erzeugung gibt es konkrete Vorgaben und Empfehlungen zur Vermeidung von Resistenzen – zum Beispiel durch Hygienevorgaben oder Einschränkungen beim Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. In Nordrhein-Westfalen werden Lebensmittel im Rahmen des bundesweiten Zoonosemonitorings regelmäßig auf das Vorhandensein von Bakterien untersucht, die Resistenzen gegenüber Antibiotika aufweisen. Diese Daten werden an das Bundesinstitut für Risikobewertung berichtet und dort ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Anstrengungen, den Antibiotikaeinsatz durch die Verbesserung der Tiergesundheit zu senken, von großer Bedeutung sind und weiter verstärkt werden müssen, um eine Reduktion der Resistenzraten zu erreichen.
Zudem gelangen durch den Antibiotika-Einsatz sowohl beim Menschen, als auch bei Tieren Antibiotika, deren Rückstände und aus deren Ausscheidungen auch antibiotikaresistente Bakterien in die Umwelt. Die Wechselwirkungen in Gewässern und Böden sind noch weitgehend unbekannt. Fest steht aber, dass die Umwelt ein Reservoir für die Entstehung und Selektion von resistenten Bakterien ist.

Was jede Einzelne und jeder Einzelne tun kann
Wer Antibiotika verschrieben bekommen hat, sollte diese exakt nach Verschreibung einnehmen. Um für einen verantwortungsvollen Gebrauch von Antibiotika zu sensibilisieren und Resistenzentwicklungen zu minimieren, startete das Gesundheitsministerium 2019 mit weiteren Akteueren aus dem Gesundheitswesen die landesweite Kampagne „Rationale Antibiotikaversorgung NRW“. Informationsmaterialien der Kampagne sowie weitere Hinweise zum Thema Antibiotika stellt das Ministerium unter www.mags.nrw/antibiotika bereit.

Um die Aufnahme von resistenten Keimen und damit Krankheiten zu vermeiden, ist eine durchgängige Hygiene in der Küche, die streng getrennte Utensilien für rohes Fleisch vorsieht, wichtig. Zudem sollten vor und nach der Zubereitung von Speisen die Hände ordentlich gewaschen werden. Viele weitere Tipps – auch in Form von Videos – zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionen sind zum Beispiel auf der Internet-Seite des Bundesinstitutes für Risikobewertung (www.bfr.bund.de) verfügbar.

Falls mehr Antibiotika in der Packung sind als verschrieben, ist die korrekte Entsorgung wichtig: Arzneimittel gehören in den Restmüll, sofern keine Apotheke in der Nähe diese zurücknimmt, und keinesfalls in die Toilette. Damit wird vermieden, dass die Wirkstoffe in die Gewässer und damit in die Umwelt gelangen.
Weitere Informationen zum Europäischen Antibiotikatag finden Sie hier https://antibiotic.ecdc.europa.eu/de

Hintergrund:
Die Entdeckung der Antibiotika im Jahr 1928 war ein Meilenstein der Medizingeschichte. Unheilbare, durch Bakterien verursachte Infektionskrankheiten konnten durch sie wirksam behandelt werden. Durch den zum Teil unsachgemäßen Umgang mit Antibiotika nimmt die Zahl der gegen Antibiotika resistenten Bakterien heute allerdings rasant zu.

Vor der Coronapandemie wurden in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich rund zehn Prozent mehr Antibiotika verordnet als im Bundesdurchschnitt. Im Vergleich zu 2019 gingen die Antibiotikaverordnungen in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021 um 35 Prozent zurück. Im ersten Halbjahr 2022 stiegen die Verordnungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder um 34 Prozent. Bundesweit betrug der Anstieg rund 30 Prozent.

In Deutschland verdoppelte sich in den letzten 15 Jahren die Anzahl der Infektionen durch multiresistente Bakterien. Pro Jahr sterben mehr als 2.000 Menschen in Deutschland an einer Infektion mit multiresistenten Bakterien.

Seit dem Jahr 2011 werden in Deutschland die Abgabemengen für antimikrobielle Wirkstoffe an Tierärztinnen und Tierärzte von den pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern auf der Basis tierarzneimittelrechtlicher Vorgaben gemeldet. Die Erfassung der vom Tierhalter zu meldenden Behandlungen mit antibakteriell wirksamen Arzneimitteln bei landwirtschaftlichen Nutztieren (Mast) erfolgt über eine Datenbank des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HI-Tier). Aktuell wird das Tierarzneimittelgesetz geändert und damit an neue europäische Vorgaben zur Antibiotikareduzierung angepasst. Ab 2023 werden auch Antibiotikabehandlungen bei anderen landwirtschaftlichen Nutztieren als Masttieren, zum Beispiel bei Milchkühen, in der Datenbank erfasst.

Resistenzdaten werden seit 2014 im Monitoring von Zoonoseerregern und kommensalen Keimen aus der Lebensmittelkette unter Beachtung des Durchführungsbeschlusses 2013/652/EU sowie im Resistenzmonitoring klinischer Bakterienisolate von erkrankten Nutztieren gewonnen. Das auf der Internetseite des Bundesmininsteriums für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlichte “Lagebild 2021“ bildet Erkenntnisse aus den in den verschiedenen Aktivitäten gesammelten verfügbaren Daten zu Antibiotikaabgabe, -einsatz und -resistenzen im Bereich Tierhaltung und
Lebensmittelkette ab. Es zeigt damit die wesentlichen Entwicklungen seit Veröffentlichung des Lagebilds im Jahr 2018 auf Basis der zusätzlich verfügbaren Daten von 2017 bis 2020 exemplarisch auf. Durch das bundesweite AB-Benchmarking in landwirtschaftlichen Nutztierhaltungen konnten bereits deutliche Rückgänge beim Einsatz von Antibiotika verzeichnet werden. So lag im Jahr 2011 die Abgabemenge bundesweit noch bei 1.706 Tonnen, während im letzten Jahr nur noch 601 Tonnen Antibiotika bei Tieren eingesetzt wurden. Gründe hierfür sind gezielte betriebsindividuelle Maßnahmen zur Verbesserung der Tiergesundheit in den Beständen mit der Folge der Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in Nutztierhaltungen. Auch der Rückgang der Anzahl landwirtschaftlicher Nutztierhaltungen in Deutschland insgesamt dürfte die deutlich reduzierten Abgabemengen mit erklären.

Pressekontakt:
Bei journalistischen Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Telefon 0211 855-3118, an die Pressestelle des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Telefon 0211 3843- 1023 sowie an die Pressestelle Pressestelle des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr, Telefon 0211 4566-294.

Bei Bürgeranfragen wenden Sie sich bitte an: Telefon 0211 3843-0.

Download der Pressemitteilung [hier].

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