Tierische Nebenprodukte – wie zum Beispiel Körper toter Tiere, Felle, Hörner, Hufe, spezifiziertes Risikomaterial, Gülle, Küchen- und Speiseabfälle – sind nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt.
Die Beseitigung und Verwendung tierischer Nebenprodukte wird häufig auch als Tierkörperbeseitigung bezeichnet. Jedoch ist der Begriff der Tierkörperbeseitigung weniger umfassend. Tierische Nebenprodukte (TNP) beziehen alle tierischen Materialien mit ein, die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet oder vorgesehen sind. Während vor Jahrhunderten die Tierkörperbeseitigung hauptsächlich Tiere und Menschen vor Gefahren schützen sollte und nur langsam auch Teile von Tierkörpern, wie beispielweise Häute, einer Verwendung zugeführt wurden, geht es heute aus Kosten-, Umwelt- und Nachhaltigkeitserwägungen um eine möglichst weitgehende Verwertung der TNP ohne dabei die Gesundheit von Mensch und Tier zu gefährden.
Dazu richten die Länder Systeme zur Sammlung und Beseitigung von tierischen Nebenprodukten ein, mit denen die sichere Verwendung oder Beseitigung gewährleistet wird. Die rechtliche Grundlage für die Einrichtung dieser Systeme in Deutschland bildet das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG), in dem auch definiert wird, welche TNP einer Beseitigungsplicht durch die zuständigen Behörden unterliegen. Zur Erfüllung dieser Beseitigungspflicht können sich die in den Ländern zuständigen Behörden Dritter bedienen oder die ihnen obliegende Pflicht ganz oder teilweise auf natürliche oder juristische Personen des Privatrechts übertragen.
Rechtliche Grundlagen In der Ratsverordnung (EG) Nr. 1069/2009 und der Kommissionsverordnung (EU) Nr. 142/2011 sind die Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte auf Gemeinschaftsebene geregelt.
Nationale ergänzende Regelungen sind in Deutschland das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG) und die Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsverordnung (TierNebV) sowie die AVV RÜb. In Nordrhein-Westfalen sind landesspezifische Regelungen im Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz und zum Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz enthalten, zum Beispiel zu Einzugsbereichen sowie Gebühren und Entgelten.
Das TNP-Recht ist sehr komplex und zeichnet sich dadurch aus, dass es zahlreiche Schnittstellen zu anderen Rechtsbereichen gibt, wie, zum Beispiel, zum Lebensmittel- und Futtermittelrecht, zum Düngemittelrecht oder zum Abfall- und Bioabfallrecht. Entsprechende nationale Regelungen, die bei der Umsetzung des TNP-Rechts zu beachten sind, sind daher vielfältig. Beispielhaft sind hier das Kreislaufwirtschaftsgesetz, die Bioabfallverordnung, das Düngemittelgesetz und die Düngemittelverordnung zu nennen.
Schutzziele im tierischen Nebenprodukterecht In der Europäischen Union ist die Handhabung von tierischen Nebenprodukten von der Entstehung des Materials bis zur Beseitigung oder sicheren Verwendung umfassend geregelt.
Die Hauptziele der europäischen Rechtsvorschriften zu tierischen Nebenprodukten sind der Schutz der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt und der Schutz der Sicherheit der Lebensmittel- und Futtermittelkette. TNP dürfen keinen Eingang in die Lebensmittelkette finden. Der Anwendungsbereich umfasst alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen, also vom Ort der Entstehung bis zum Folgeprodukt (FP). Die FP müssen sicher sein, also frei von Fehlern oder Mängeln und den rechtlichen Anforderungen, die, zum Beispiel, im Falle der Verwendung bei der Herstellung von Heimtierfutter gelten, genügen.
Die sichere Beseitigung der der TNP ist auch ein wichtiger Teil der Tierseuchenbekämpfung. Zum einen können durch TNP Tierseuchen, wie zum Beispiel die Maul- und Klauenseuche oder die Schweinepest, ausgelöst oder verbreitet werden. Zum anderen ist eine fachgerechte Beseitigung der TNP eine bedeutende Vorsorgemaßnahme zur Verhinderung der Übertragung von Tierseuchen- und Krankheitserregern.
Verantwortlichkeiten im tierischen Nebenprodukterecht Die europäischen Rechtsvorschriften zu tierischen Nebenprodukten weisen die Pflichten hinsichtlich der Einhaltung der Anforderungen eindeutig zu. So liegt die Verantwortung im Sinne der Rechtsvorschriften beim Unternehmer. Darunter sind alle Tätigkeiten, die mit tierischen Nebenprodukten zusammenhängen, zu verstehen: Sammlung, Transport, Handhabung, Verarbeitung, Umwandlung, Bearbeitung, Lagerung, Inverkehrbringen, Vertrieb, Verwendung und Entsorgung. Dazu sind von den Unternehmern in ihren Anlagen oder Betrieben wirksame Eigenkontrollen oder ständige schriftliche Verfahren auf Grundlage der HACCP-Grundsätze einzurichten.
Die Aufgabe der Behörden in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist es, zu gewährleisten, dass die Anforderungen im tierischen Nebenprodukterecht von den Unternehmern eingehalten werden. Die amtlichen Kontrollen finden auf allen Produktions-, Verarbeitungs-, Lagerungs-, Transport- und Vertriebsstufen statt und beinhaltet die Betriebsinspektion der Räumlichkeiten mit Überprüfung der baulichen Gegebenheiten, der Betriebsabläufe, der Hygiene und des Betriebsmanagements, der zu führenden Aufzeichnungen und Dokumente sowie der Eigenkontrollen mit Entnahme von Rückstellproben, die Einhaltung der Arbeitsanweisungen durch Betriebsmitarbeiter, die Pläne zur Reinigung und Desinfektion, der Schädlingsbekämpfung, der Rückverfolgbarkeit, des betriebseigenen HACCP-Konzeptes mit Verifizierung, ob die Untersuchungen und Messungen durchgeführt wurden.
Darüber hinaus gibt es in Deutschland das Kontrollprogramm Tierische Nebenprodukte und deren Folgeprodukte über die Durchführung der amtlichen Kontrolle durch die zuständigen Behörden zur Einhaltung der Vorschriften des Rechts der tierischen Nebenprodukte. Es beschreibt die Kontrolltätigkeiten durch die Länder und bildet den Rahmen zu den in den Ländern bereits bestehenden Überwachungssystemen.
Risikokategorien und Verwendung Tierisches Material wird zu einem TNP, wenn es gemäß den europäischen Rechtsvorschriften vom Verzehr ausgeschlossen ist oder aufgrund unwiderruflicher Entscheidung eines Unternehmers von der Lebensmittelkette ausgeschlossen und für andere Zwecke als zum menschlichen Verzehr bestimmt wird.
Tierische Nebenprodukte werden nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier in drei Risikokategorien eingeteilt, die jeweils auch für die zugelassene Verwendung ausschlaggebend ist:
Kategorie 1:
TNP der Kategorie 1 sind durch Verbrennung als Abfall zu beseitigen oder durch Mitverbrennung als Abfall zu verwerten oder zu beseitigen sowie durch Deponierung zu beseitigen oder als Brennstoff zu verwenden. Die Herstellung von Folgeprodukten ist unter bestimmten Voraussetzungen, die eine sichere Bearbeitung garantieren, möglich.
Kategorie 2:
Zusätzlich zu den für Kategorie 1-Material bestehenden Verwendungsmöglichkeiten kann Material der Kategorie 2 kompostiert oder in Biogas umgewandelt, sowie zur Herstellung von organischen Düngemitteln oder Bodenverbesserungsmitteln verwendet und auf Flächen ausgebracht werden.
Kategorie 3: Für alle gilt: Ohne Anzeichen einer übertragbaren Erkrankung
Neben den bereits für die Kategorien 1 und 2 genannten Verwendungsmöglichkeiten kann Material der Kategorie 3 auch verarbeitet und anschließend zur Herstellung von Futtermitteln für Nutztiere, Pelztiere und Heimtierfuttermittel genutzt werden. Dies ist jedoch nur unter Einschränkungen und mit Auflagen. Die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 und futtermittelrechtliche Vorgaben sind zu beachten.
Beseitigungspflicht Die Pflicht zur Beseitigung von TNP obliegt in Nordrhein-Westfalen den zuständigen Behörden der Kreise und kreisfreien Städten (Beseitigungspflichtige). Diese Behörden haben die Beseitigungspflicht auf natürliche oder juristische Personen des Privatrechts (Verarbeitungsbetriebe tierischer Nebenprodukte) übertragen. Kategorie 1-Material unterliegt ausnahmslos der Beseitigungspflicht und ist dem jeweils zuständigen Verarbeitungsbetrieb anzudienen. Gleiches gilt auch für das Material geringeren Risikos der Kategorie 2, wobei von der Beseitigungspflicht Milch, Kolostrum, Gülle sowie Magen und Darminhalt ausgenommen sind. Derzeit sind drei Verarbeitungsbetriebe für tierische Nebenprodukte in Nordrhein-Westfalen tätig:
Jean Schaap GmbH Averbeck 51 48619 Heek
SecAnim Werner Straße 95 59379 Selm
SNP Icker GmbH & Co. KG Engterstraße 101 49191 Belm
Registrierung und Zulassung Unternehmer sind rechtlich verpflichtet, vor Aufnahme einer Tätigkeit im Zusammenhang mit TNP die zuständige Behörde zu informieren und einen Antrag auf Registrierung oder Zulassung für die unter ihrer Verantwortung stehenden Unternehmen, Betriebe und / oder Anlagen zu stellen. Betriebe, Anlagen und Unternehmer, die TNP verarbeiten oder beseitigen, umfassen beispielsweise Verarbeitungsbetriebe tierischer Nebenprodukte, Biogasanlagen, Düngemittelhersteller, Zwischenbehandlungsbetriebe, Heimtierfuttermittelhersteller und Transporteure. Die Meldung zur Registrierung oder der Antrag auf Zulassung beinhaltet die Übermittlung der Kategorie der verwendeten TNP oder der aus ihnen gewonnenen FP, die Art der Tätigkeiten, bei denen TNP oder FP verwendet werden sowie aktuelle Informationen über Anlagen, Betriebe und/oder Transportfahrzeuge. Bestimmte Tätigkeiten in Betrieben oder Anlagen, die TNP erzeugen und die bereits in Übereinstimmung mit den Lebensmittelhygienerechtsvorschriften zugelassen wurden, sind nicht erneut zu registrieren. Dennoch müssen diese die TNP-rechtlichen Anforderungen erfüllen und unterliegen entsprechenden amtlichen Kontrollen. Die in Deutschland registrierten und zugelassenen werden in einer Liste erfasst und sind öffentlich zugänglich („Nationale Liste“).
Sicherheit und Rückverfolgbarkeit Tierische Nebenprodukte sind stets getrennt von Lebensmitteln zu halten sowie eindeutig zu kennzeichnen und zu identifizieren. Während der Beförderung und der Lagerung muss auf einem an der Verpackung, dem Behälter oder Fahrzeug befestigten Etikett die Kategorie des Materials gut sichtbar und leserlich angebracht sein. Folgende Farbcodierung muss dabei eingehalten werden:
Kategorie 1: schwarze Schrift auf weißem Untergrund (oder umgekehrt) Kategorie 2: gelbe Schrift auf weißen Untergrund (oder umgekehrt) Kategorie 3: grüne Schrift (mit hohem Blauanteil) auf weißem Untergrund (oder umgekehrt)
Jeder Transport von tierischen Nebenprodukten muss von einem Handelspapier begleitet sein, das die die folgenden Angaben enthält:
Darüber hinaus hat jeder Betrieb für tierische Nebenprodukte entsprechende Aufzeichnungen zum Warenverkehr und zu den jeweiligen Tätigkeiten zu führen. Dadurch wird die Rückverfolgbarkeit sichergestellt. Aufzuzeichnen sind
Alternativ können die Handelspapiere als Sendungsregister, chronologisch, mit Seitenzahlen archiviert werden. Auch eine elektronische Aufzeichnung ist möglich.
Heimtiere Körper toter Heimtiere sind grundsätzlich beseitigungspflichtig. Es gibt hier jedoch Ausnahmen. Tote Heimtiere können auch in einem zugelassenen Tierkrematorium verbrannt werden. Auch das Vergraben einzelner (kleinerer) Körper von Heimtieren ist zulässig, wobei zu beachten ist, dass dies nur auf behördlich zugelassenen Plätzen (Tierfriedhöfen) oder auf dem Gelände des Tierhalters erlaubt ist, soweit das Gelände nicht in einem Wasserschutzgebiet liegt. Der Tierkörper darf dabei nicht in der Nähe von öffentlichen Wegen oder Plätzen vergraben werden und muss mit einer mindestens 50 cm starken Erdschicht bedeckt sein.