Tierarzneimittel sind in erster Linie zur Heilung und Verhütung von Tierkrankheiten bestimmt, werden aber auch zum Erkennen von Tierkrankheiten verwendet. Sie unterliegen ähnlichen rechtlichen Rahmenbedingungen wie die für den Menschen bestimmten Medikamente und müssen ebenfalls den gesetzlichen Ansprüchen an Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit genügen. Es kann zwischen freiverkäuflichen, apothekenpflichtigen und verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln unterschieden werden. Tierärztinnen und Tierärzte in Deutschland haben das Dispensierrecht, dies bedeutet, dass sie im Rahmen ihrer Hausapotheke auch Medikamente bereitstellen und abgeben dürfen. Sie sind aber verpflichtet, hierrüber genaue Aufzeichnungen zu führen. Wenn es um Antibiotikabehandlungen bei bestimmten Nutztieren geht, müssen sie die verschriebenen und angewendeten Mengen in einer zentralen Datenbank erfassen. Die Überwachung der Tierarzneimittelanwendung stellt einen behördlichen Aufgabenschwerpunkt dar.
Antibiotika in der Kritik
Die Gesellschaft hinterfragt zunehmend kritisch, was an Medikamenten in die Tiere gelangt, ob sie im Tierkörper bleiben oder gar in die gewonnenen Lebensmittel gelangen können. In den letzten Jahren konzentrierte sich das öffentliche Interesse insbesondere auf den hohen Einsatz von Antibiotika bei landwirtschaftlichen Nutztieren.
Hintergrund dieser kritischen Betrachtung ist die weltweite Zunahme der Resistenzen von Bakterien gegen Antibiotika. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) befürchtet sogar Zustände wie zu Zeiten vor der Entdeckung des Penicillins, dem ersten gegen bakterielle Erreger eingesetzten Antibiotikum. Resistenzen entstehen oder sind schon lange durch natürliche Evolution entstanden. Jedoch ist durch den kritiklosen Einsatz von Antibiotika bei Mensch und Tier die Ausbreitung resistenter Bakterien gefördert worden. Daher muss mit Antibiotika sowohl bei Menschen als auch bei Tieren sorgfältig und verantwortungsvoll umgegangen werden. Im Bestreben, eine gemeinsame Gesundheit für Mensch, Tier und Umwelt zu erreichen, wird häufig vom One-Health-Ansatz gesprochen. Damit auch künftig noch wirksame Medikamente gegen gefährliche Infektionskrankheiten zur Verfügung stehen, müssen Maßnahmen zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Human- wie in der Tiermedizin getroffen werden. Vorschriften zur Tierarzneimittelerfassung gibt es schon länger. Das genaue Vorgehen ist im europäischen Recht und dem deutschen Tierarzneimittelgesetz geregelt.
Resistenzmonitoring:
Im Rahmen des bundesweiten Zoonosen-Monitorings beteiligt sich Nordrhein-Westfalen an der Untersuchung zum Vorkommen von Zoonoseerregern und Resistenzen bei den wichtigsten Lebensmittel-liefernden Tierarten und den von ihnen gewonnenen Produkten. Die Resistenzuntersuchungen verbessern die Datenlage in diesem Bereich und tragen dazu bei, Beziehungen zwischen dem Antibiotikaeinsatz in der landwirtschaftlichen Tierhaltung und der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen besser analysieren zu können. Die fortlaufenden Untersuchungen erlauben es, Tendenzen und Entwicklungen in der Ausbreitung von Zoonoseerregern und Antibiotikaresistenzen zu beurteilen. Die Untersuchungen auf den verschiedenen Produktionsstufen ermöglichen es zudem, die Wege der Verschleppung von Zoonoseerregern und Resistenzen entlang der Lebensmittelkette zu erkennen.
Tierarzneimittelerfassung
Die Erfassung der an die tierärztlichen Hausapotheken abgegebenen Menge an antibiotischen Wirkstoffen erfolgt im Tierarzneimittelregister. Anfangs gab es nur Schätzungen, aber seit 2011 gibt es eine Meldepflicht für pharmazeutische Unternehmen.
Seit 2014 wird die Häufigkeit des Einsatzes von Antibiotika bei Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten zur Mast statistisch in Therapietagen gemessen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, an wie vielen Tagen ein Tier im jeweiligen Halbjahr als Erfassungszeitraum im Durchschnitt mit einem Wirkstoff behandelt wird.
Aus allen betrieblichen Therapiehäufigkeiten werden für die Nutzungsarten die bundesweiten Kennzahlen 1 (Median) und 2 (3. Quartil) berechnet. Betriebe, die mit ihrer Therapiehäufigkeit die bundesweiten Kennzahlen für die jeweilige Nutzungsart überschreiten, sind verpflichtet, zusammen mit der bestandsbetreuenden Tierärztin / dem bestandsbetreuenden Tierarzt den Grund des erhöhten Antibiotikaeinsatzes zu ermitteln und gezielte Strategien zu entwerfen, um diesen zu senken. Bei Überschreitung der Kennzahl 2 ist ein Maßnahmenplan zur Verringerung des Antibiotikaverbrauches zu erstellen und der zuständigen Behörde zu übermitteln. Die Gesamtabgabemengen antibakteriell wirksamer Tierarzneimittel konnten seit der Einführung der Erfassung im Jahr 2011 mehr als halbiert werden (-58,9 %).
Antibiotika werden bei Masttieren zunehmend seltener eingesetzt. Dies ist das Ergebnis des Berichts des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zur Therapiehäufigkeit und Antibiotikaverbrauchsmengen 2018-2021: Entwicklung in zur Fleischerzeugung gehaltenen Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten. Das BfR hat die Aufgabe, die von den Ländern übermittelten Daten zum Antibiotikaeinsatz jährlich auszuwerten und eine Risikobewertung zur Antibiotikaresistenz vorzunehmen. Auch das Vorkommen von antibiotikaresistenten Keimen in Schlachttieren ist eher rückläufig, aber noch nicht so stark wie erwünscht.
So müssen seit dem 1. Januar 2023 alle Tierärztinnen und Tierärzte, die Antibiotika bei Rindern, Schweinen, Hühnern oder Puten anwenden oder abgeben, die entsprechenden Medikamente mit Packungsnummer und Empfänger an eine zentrale Datenbank melden. Betriebe mit landwirtschaftlichen Nutztieren, in denen besonders hohe Mengen an Antibiotika verbraucht werden, müssen besondere Maßnahmen zur Reduzierung ergreifen.
Ab 2029 wird auch die Meldung von antibiotischen Behandlungen bei Hund und Katze verpflichtend.
Das Landwirtschaftsministerium NRW steuert und koordiniert die Tierarzneimittelüberwachung durch die Festlegung von Zuständigkeiten und durch Konkretisierung des Kontrollauftrags der zuständigen Kreisordnungsbehörden auf dem Erlasswege.