Landwirtschaft

Ministerin Gorißen appelliert an europäische Abgeordnete: Landwirtschaft darf nicht die Hauptlast der Naturwiederherstellungsverordnung tragen

Im Europäischen Parlament findet Ende Februar die Abstimmung über den Verordnungsvorschlag zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law, NRL) statt. Diese soll die EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030 umsetzen, die auf die vollständige Wiederherstellung der Natur und die Renaturierung aller Ökosysteme bis 2050 abzielt. Die Naturwiederherstellungsverordnung kann für die Land- und Forstwirtschaft unmittelbare und weitreichende wirtschaftliche Folgen haben. Aus diesem Anlass appelliert Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen zusammen mit weiteren Agrarministerinnen und Agrarministern der Bundesländer in einem gemeinsamen Brief an Abgeordnete des Europäischen Parlaments, umsichtig zu entscheiden.

Ministerin Silke Gorißen: „Die Landwirtinnen und Landwirte in Europa sichern unsere tägliche Ernährung und sie leisten schon jetzt wichtige Beiträge zum Klimaschutz und zur Bewahrung der Natur. Die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur verfolgt ein wichtiges Ziel, aber leider ist die praktische Umsetzung nicht hinreichend geklärt. Dazu gehören auch wesentliche Fragen der Finanzierung: Es darf nicht sein, dass die Land- und Forstwirtschaft die Hauptlast der Wiederherstellung von Natur tragen muss.“

Die Europäische Kommission beziffert die mit der Naturwiederherstellungsverordnung verbundenen Kosten mit mindestens 154 Milliarden Euro bis zum Jahr 2050 – das wären rund 6 bis 8 Milliarden Euro jährlich. Aktuell steht nur fest, dass die Finanzierung nicht über Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP erfolgen soll. Aus Sicht des nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministeriums ist zu begrüßen, dass eine Umwidmung der Fördermittel der GAP vom Tisch ist. Viele Details zur Finanzierung der Naturwiederherstellung müssen aber noch geklärt werden. Offen ist außerdem, wie viele land- und forstwirtschaftliche Flächen von der neuen gesetzlichen Regelung betroffen und welche Ertragseinbußen damit verbunden sind.

Ministerin Silke Gorißen kritisiert zusammen mit Agrarministerinnen und Agrarministern mehrerer Bundesländer, dass die Ausgestaltung der Maßnahmen und Flächenwahl größtenteils den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen wird. Die offenen Umsetzungsfragen und -formulierungen bergen damit ein Risiko ungleicher Umsetzung – und somit Wettbewerbsnachteile innerhalb der EU.

Ministerin Gorißen: „Die Stimmung in der Landwirtschaft in Europa und auch in Deutschland ist angespannt. Wir brauchen in aktuellen Zeiten ein stärkeres Miteinander mit unseren Bäuerinnen und Bauern und keine praxisfernen Entscheidungen gegen sie. Angesichts der Haushaltslage in Deutschland und der Einschnitte, die die Landwirtschaft bereits hinnehmen musste, sehen wir auch im nationalen Haushalt keine Finanzierungsmöglichkeiten für die nun geforderten Maßnahmen der Naturwiederherstellung. Es besteht die Sorge, dass die Landwirtschaft für die Wiederherstellung von Flächen und resultierenden Ernteausfällen selbst aufkommen muss. Dies wäre kein gutes Zeichen für unsere Landwirtinnen und Landwirte, die verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit brauchen, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein.“

In ihrem Schreiben bringen die beteiligten Agrarministerinnen und Agrarminister ihre Sorge zum Ausdruck, dass die Verabschiedung des aktuellen Vorschlags der Naturwiederherstellungsverordnung die Stimmungslage in der Landwirtschaft weiter verschlechtert. In ihrem gemeinsamen Brief bitten sie die Abgeordneten des Europäischen Parlaments daher, bei der anstehenden Schlussabstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments der Verordnung zur Wiederherstellung der Natur nicht zuzustimmen.

Hintergrund
Im Juni 2022 präsentierte die EU-Kommission den Vorschlag für eine „Verordnung über die Wiederherstellung der Natur“ (NRL). Der Verordnungsentwurf legt erstmals rechtsverbindliche Wiederherstellungsziele für Ökosysteme bis 2030, 2040 und 2050 fest, auch über Naturschutzgebiete hinaus. Zusätzliche Ziele betreffen die Wiederherstellung landwirtschaftlicher und Waldökosysteme (Art. 9 und 10). Mitgliedsstaaten sollen zur Zielerreichung Wiederherstellungspläne erstellen. Die Naturwiederherstellungsverordnung wurde sowohl im Bundesrat als auch im Europäischen Parlament kritisch diskutiert. Insbesondere die weitreichenden Auswirkungen auf Landbesitzer und -nutzer waren Anlass der Kritik.

Foto: canva.com
Artikel teilen:
Dürfen wir
Ihnen weiterhelfen?